Bischof Genn: Dein Leben ist lebenswert
Freitag, 09.01.2015
Plötzlich sind die
großen Themen da – wenn es nämlich um ganz grundsätzliche Fragen geht. Im
letzten Jahr ging es im Bundestag um die aktive Sterbehilfe. Jetzt hat sich
Bischof Felix Genn aus Münster dazu grundsätzlich geäußert.
INFO: Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, hat sich deutlich gegen jede
Form von aktiver Sterbehilfe ausgesprochen. In einem Interview mit der
Zeitschrift „Caritas in NRW", das am 8. Januar erschien, macht der Bischof
deutlich, dass die Kirche bei diesem Thema nicht einfach nur ein „Nein-Sager"
sei: „Wir sind ‚Ja-Sager‘. Kirche sagt ‚Ja‘ zum Leben. Wir verteidigen hier
etwas Humanes und nicht bloß eine spezielle christliche Sonderethik". Dass
Ärzte beauftragt werden sollten, nicht Hilfe zu leisten, sondern zum Todbringer
zu werden: „Das ist und bleibt falsch", stellt der Bischof von Münster
klar. Das Leben sei nicht nur wertvoll, solange der Mensch produktiv sei,
sondern bleibe es auch danach. „Assistierte Sterbehilfe ist eine Entwertung
gebrechlichen Lebens", sagt der Bischof.
Die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe sei ein „Dammbruch“, warnt Bischof Genn vor den Konsequenzen: „Völlig außer Diskussion ist es selbstverständlich, wenn ein privater Verein mit dem ‚Tod nach Rezept‘ sogar noch Geld verdient", kritisiert der Bischof die Schweizer Organisation ‚Dignitas‘. In Ländern, in denen – wie etwa in den Niederlanden, Belgien oder Teilen der USA – der ärztlich assistierte Suizid legalisiert worden sei, entstehe „eine Atmosphäre, in der die Gesellschaft gebrechlichen Menschen ein inneres Gefühl der Sinnlosigkeit bestätigt.“ Die christliche Botschaft sei eine andere: „Durch unsere Palliativmedizin, durch unsere Hospize sagen wir diesen Menschen: auch wenn du selbst an deinen Wert nicht mehr glaubst, wir glauben an deinen Wert. Die Hospizbewegung ist unsere christliche Antwort gegen die aktive Sterbehilfe." Die Menschen, die dort Sterbende begleiteten, zeigten, wie Menschen wirklich in Würde leben dürften und sterben könnten. „Denn der Tod gehört zum Leben dazu“, sagt der Bischof.
Auch der Kölner
Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Joh. Hensel warnt in der gleichen Ausgabe
von „Caritas in NRW“ vor einer Erschütterung des ärztlichen
Rollenverständnisses. Wenn aktive Sterbehilfe gesetzlicher Bestandteil
medizinischer Leistung werde, werde das über kurz oder lang das
Arzt-Patienten-Verhältnis deutlich verändern, schreibt Hensel, der selbst Arzt
ist. Er verwies auf eine Umfrage, wonach schon heute 43 Prozent der Befragten
deshalb keinen Organspendeausweis mit sich führen, weil sie befürchten, der
Arzt tue dann eventuell nicht mehr alles für ihr Überleben.
Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland als Tötung auf Verlangen strafbar, passive und indirekte Sterbehilfe nicht. Bei der passiven Sterbehilfe werden lebensverlängernde medizinische Maßnahmen entsprechend dem Patientenwillen nicht eingeleitet, nicht fortgesetzt oder abgebrochen.
Das komplette Interview mit Bischof Genn findet sich in der aktuellen Ausgabe von „Caritas in NRW“ , der gemeinsamen Zeitschrift der Diözesan-Caritasverbände Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn unter www.caritas-nrw.de. Redaktion: Markus Lahrmann (verantw.), Lindenstraße 178, 40233 Düsseldorf, Tel. 0211 / 51 60 66-20, Fax 0211 / 51 60 66-25, E-Mail: redaktion@caritas-nrw.de. Dort kann die 52-seitige Zeitschrift kostenlos angefordert werden per E-Mail: vertrieb@caritas-nrw.de.
Nach der
Debatte am 13. November 2014, die vielfach als Höhepunkt der parlamentarischen
Auseinandersetzung im Deutschen Bundestag gewürdigt wurde, werden 2015 noch
zwei weitere Anhörungen zu den Themen Sterbebegleitung und Sterbehilfe statt. Das
„vermutlich anspruchsvollsten Gesetzgebungsprojekt dieser Legislaturperiode“,
so Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, wird voraussichtlich im
Herbst abgestimmt. Ein erster Versuch, zu einer umfassenden gesetzlichen Regelung
zu kommen, war 2012 gescheitert.
Zur Debatte über
Sterbehilfe im Bundestag am 13. November 2014:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/kw46_de_sterbebegleitung/339436
Unser Gesprächspartner: Dr. Felix Genn, geboren am 6. März 1950 im rheinland-pfälzischen Burgbrohl, studierte nach Abitur am Kurfürst-Salentin-Gymnasium in Andernach 1969-1974 Theologie und Philosophie in Trier und Regensburg. Am 11. Juli 1976 im Trierer Dom zum Priester geweiht und Kaplan in Bad Kreuznach. 1978 Berufung zum Subregens, 1985 Spiritual des Bischöflichen Priesterseminars in Trier und Promotion zum Thema „Trinität und Amt bei Augustinus“. 1994 Ständiger Lehrbeauftragter für Christliche Spiritualität an der Theologischen Fakultät Trier, Leiter der Heilig-Rock-Wallfahrt 1996. 1997-1999 Regens am Studienhaus Sankt Lambert, wo sich „Spätberufene“ ohne Abitur auf den Priesterberuf vorbereiten. Am 16. April 1999 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof für das Bistum Trier, Bischofsvikar für das Saarland, am 6. Juli 2003 als dritter Ruhrbischof des 1958 gegründeten Bistums Essen in sein Amt eingeführt und am 19. Dezember von Papst Benedikt XVI. zum 76. Bischof von Münster ernannt.
Kontakt: Bischöfliches Sekretariat, Domplatz 27, 48143 Münster, Tel. 0251 / 495242 oder 0251 / 495243, E-Mail: sekr.bischofbistum-muenster.de, Internet: www.bistum-muenster.de.