1050 Jahre Abtei Mönchengladbach

von Christof Beckmann

Montag, 17.06.2024

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Vitusmünster in Mönchengladbach © Vitusblick (Timo van Horrick und Julia Eßer)

Gestern wurde in Mönchengladbach groß gefeiert: 974, vor 1050 Jahren, gründete der Kölner Erzbischof Gero dort das Benediktinerkloster. Seit 50 Jahren trägt sie den Ehrentitel „Päpstliche Basilica minor“ …

INFO: Die im 11. Jahrhundert von einem unbekannten Mönch verfasste Gladbacher Gründungsgeschichte berichtet, dass Erzbischof Gero von Köln um 974 nach seiner Rückkehr aus Konstantinopel auf dem Gladbacher Hügel eine Abtei gründete. Er stellte sie unter den Schutz des Heiligen Geistes, der Gottesmutter Maria sowie des Märtyrers Vitus. Das auf eine um 800 gebaute ältere Kirche zurückgehende Münster St. Vitus, zwischen 1024 und 1067 erweitert, war bis zur Auflösung der Benediktinerabtei Gladbach im Jahr 1802 die Abteikirche.

Unter Abt Sandrad wurde die neue Abtei Gladbach mit einem bedeutenden Reliquienschatz ausgestattet, der erstmals um 1275 schriftlich dokumentiert wurde. Es handelt sich u.a. um ein Stück Stoff, das als Teil vom Tischtuch des Abendmahlssaales gilt, sowie um ein Stück, das als Teil des Purpurmantels Jesu verehrt wurde, verschiedene Bruchstücke von Geschirren, die beim Abendmahl verwendet worden sein sollen. Hinzu kommen Textilien, die als Teile von Gewändern Mariens und des Evangelisten Johannes bezeichnet werden. Eine wichtige Rolle spielt auch das so genannte Haupt des hl. Laurentius, ein großes Stück von einer menschlichen Schädeldecke, das im 15. Jahrhundert zum ersten Mal schriftlich erwähnt wird. Ende des 16. Jahrhunderts entbrannte um diese Reliquie ein heftiger Streit mit König Philipp II. von Spanien, der nahe bei Madrid den „Escorial“ als Kirche, Kloster, Palast und Grabmal baute und dem hl. Laurentius weihte. Doch trotz päpstlicher Unterstützung gelang es ihm nicht, die Reliquie aus Gladbach zu erhalten, weil die Äbte ihren Schatz verteidigten.

Die jährliche öffentliche Zeigung der Heiligtümer ist 1456 bezeugt, 1594 ist für das Münster von einem siebenjährigen Rhythmus die Rede. 1797 fand die Heiligtumsfahrt zum letzten Mal statt: 1802 löste die Säkularisation das Kloster auf und die Reliquien wurden erst 1804 wieder in das Münster gebracht und 1824 gezeigt. 1867 nahm man mit erzbischöflicher Erlaubnis die Tradition der Heiligtumsfahrt wieder auf, Schritt für Schritt begann die Neubeschaffung kostbarer Behältnisse (Abendmahlsschein, Büste des hl. Vitus, Laurentiusbüste). Bis 1937 fand die Heiligtumsfahrt in siebenjährigem Turnus statt, 1944 legten die Bomben das Münster in Trümmer. Ab 1951 gab es wieder eine Heiligtumsfahrt. 1974 wurde die Kirche von Papst Paul VI. anlässlich des 84. Deutschen Katholikentages in Mönchengladbach und der 1000-Jahr-Feier der Abteigründung zur päpstlichen Basilica minor erhoben. Am 16. Juni 2024 wurde zum 50-jährigen Jubiläum am Münster eine Plakette angebracht. Zudem feierte die Pfarre St. Vitus den gleichnamigen Heiligen, dessen Gedenktag am 15. Juni ist. 

Öffnungszeiten Münster: Dienstag bis Freitag 10.00 - 18.00 Uhr (November bis Februar bis 17.00 Uhr).
Montags bleibt das Münster geschlossen, samstags und sonntags ist das Münster zu den Gottesdienstzeiten geöffnet (samstags um 18:15 Uhr und sonntags um 11 Uhr).

Unser Gesprächspartner: Propst Dr. Peter Blättler, Pfarrer von Sankt Vitus, Leiter der GdG Mönchengladbach, Tel. (02161) 46 233 222, E-Mail: peter.blaettler@pfarre-sankt-vitus.de, Kontakt: Pfarrbüro Sankt Vitus, Abteistr. 37, 41061 Mönchengladbach, Tel. 02161 46 233 222, 02161 46 233 200, Internet: https://pfarre-sankt-vitus.de/pfarre-einrichtungen/orte/muenster-st-vitus/. Aktuelle und ausführliche Informationen unter www.heiligtumsfahrt.de, Programm Heiligtumsfahrt Mönchengladbach zum Download.

Vitusfest in Mönchengladbach: Vitusschule, Vitus-Cup, Vitusbad, Vituscenter, Vituspark, Vitusbruderschaften, Vitusheim oder Vitusquartier – an vielen Orten ist der Stadtpatron Mönchengladbachs in den Straßen lebendig. Im alten Stadtwappen taucht er auf und noch immer werden Kinder auf seinen Namen Veit oder Vitus getauft.

Die Vitus-Legenden berichten von einem Jungen, der sich weder vor seinem Vater noch vom Kaiser von seinem Glauben abbringen ließ und zahlreiche Torturen überstand. Seine früh belegte Verehrung begann mit Papst Gelasius I. († 496), Klöstern auf Sizilien trugen seinen Namen und seine Gebeine sollen 583 von Sizilien aufs italienische Festland übertragen worden sein. 756 erwarb Abt Fulrad Reliquien für sein Kloster in die Basilika Saint-Denis bei Paris, von dort kamen sie 836 als Geschenk in das 822 gegründete erste Benediktinerkloster Sachsens, die später gefürstete Reichsabtei Corvey an der Weser, deren Patron Vitus wurde. Benediktinermissionare brachten Vitusverehrung und -reliquien weiter nach Norden und Osten, u.a. nach Prag, wohin 1355 auch sein Haupt in den ihm zu Ehren durch König Karl IV. erbaut Veitsdom gebracht wurde. Auch an rund 150 weiteren Orten erklärt man sich im Besitz von Reliquien. Besonders angerufen wurde er bei Krämpfen, Epilepsie, Tollwut, Bettnässen und Schlangenbiss, vor allem aber bei Fallsucht „Veitstanz“. Er gilt unter anderem Schutzpatron der Apotheker, Gastwirte, Bierbrauer, Winzer, Kupferschmiede, Tänzer und Schauspieler. Der 15. Juni ist sein Gedenktag. Albert Damblon, emeritierter Pfarrer des St. Vitus-Münsters, hat im November 2022 das Buch „St. Vitus - ein junger Held“ veröffentlicht. Darin geht er dem der Überlieferung nach aus Sizilien stammenden jungen Heiligen nach, der auch zu den 14 Nothelfern zählt.

Das Buch: Albert Damblon / Manfred Becker-Huberti: St. Vitus - ein junger Held, Taschenbuch, erschienen 15.11.2022, Verlag Kühlen, 92 S., ISBN 978-3-87448-561-6, Euro 19,80

Große Klosterjubiläen: Die seit 2001 zum Unesco-Welterbe zählende Klosterinsel Reichenau im Bodensee begeht den Jahrestag seiner Gründung vor genau 1.300 Jahren. Sie feiern es mit der Ausstellung „Welterbe des Mittelalters - 1.300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ bis zum 20. Oktober (https://www.ausstellung-reichenau.de/, https://www.reichenau1300.de/willkommen). Das Weltkulturerbe Kloster Corvey, vor 1.200 Jahren gegründet, feierte sein Jubiläumsjahr 2023 (https://welterbewestwerkcorvey.de/jubilaeum/ und auf den Social-Media-Kanälen Facebook und Instagram.) Im LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler steht 2024 alles im Zeichen eines besonderen Geburtstages: Im Millennium-Jahr „1000 Jahre Abtei Brauweiler“ wird mit über 150 Veranstaltungen und 170 Führungen der Gründung der Abtei vor 1000 Jahren und ihrer wechselvollen Geschichte gedacht. Interessierte erwarten unter anderem Konzerte, Lesungen, Ausstellungseröffnungen, Diskussionsrunden, Vorträge oder ein Open-Air-Kino. Weitere Informationen dazu unter abteibrauweiler.lvr.de. Im vergangenen Jahr 2023 gab es das Jubiläumsprogramm 900 Jahre Kloster Kamp zum 900-jährigen Bestehen der ersten Zisterzienser-Abtei Deutschlands im heutigen Kamp-Lintfort.

Montag, 17.06.2024