375 Jahre Westfälischer Frieden

von Christof Beckmann

Dienstag, 24.10.2023

Friedensmedaille und Friedensreiter, Collage: KIP
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Friedensmedaille und Friedensreiter, Collage: KIP

Ein Riesenprogramm liegt jetzt schon hinter einer Stadt im Land, die wie kaum eine andere mit dem Wort „Friede“ verbunden ist. Der „Friedensstadt Münster“. Abertausende haben sich beteiligt. Und heute ist so etwas wie der Höhepunkt – das 375. Jubiläum...

INFO: Mit über 700 Veranstaltungen begingen Osnabrück und Münster das Jubiläum „375 Jahre Westfälischer Frieden“. Der Westfälische Frieden wurde am 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück geschlossen und beendete den Dreißigjährigen Krieg - das „Wunder von Westfalen“: Fünf Jahre lang mussten die 37 ausländischen und 111 deutschen Gesandten in Münster - und in Osnabrück - ausharren, bis sie der Katastrophe des Dreißigjährigen Kriegs endlich ein Ende setzen konnten. Gegen 21.00 Uhr läuteten alle Glocken Münsters, die 70 Kanonen auf den Wällen Münsters gaben je dreimal Salut.

Bis zum Frühjahr 1649 wurde das große Ereignis mit zahlreichen Staatsakten und Festveranstaltungen gefeiert, denn die Bedingungen, unter denen verhandelt wurden, waren denkbar schwierig: Der Krieg verwandelte die deutschen Lande in ein Schlachthaus. Aus einem lokalen Ereignis entwickelte sich ein scheinbar unentwirrbares Knäuel von Konflikten um die Hegemonie in Europa. Alle wichtigen Akteure mischten mit: Franzosen, Habsburger, Schweden, Dänen, der Papst und sogar die Osmanen. Im Reich rangen zudem Kaiser, Fürsten und die Städte um Macht - ein Konkurrenzkampf, der durch die tiefen religiösen Spaltungen verschärft wurde. Obwohl die religiösen Gegensätze im Verlauf des Krieges immer mehr an Gewicht verloren, diente der Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken als Brandbeschleuniger. Der Krieg nährte den Krieg, die Bevölkerung wurde ausgepresst. Laut Berechnungen von Historikern gab es im damaligen Reich einen Bevölkerungsrückgang um ein Drittel: von 18 auf 11 Millionen Einwohner - das stellt selbst den Ersten und Zweiten Weltkrieg in den Schatten. Allerdings kamen die meisten Menschen nicht durch direkte Kampfhandlungen, sondern durch Hungersnöte und Seuchen ums Leben.

Während den konfliktreichen Friedensgesprächen gab es keinen Waffenstillstand, die Kriegshandlungen wurden ununterbrochen fortgeführt, ebenso wenig gab es international anerkannte und erprobte Regeln für solche Verhandlungen. Sie gelten deshalb nicht nur als wichtig für eine stabile Ordnung für das Reich, in der die Konfessionen in einem System von Ausgleich und Parität wieder zusammenleben konnten, aber auch als Marksteine auf dem Weg zu einer europäischen Friedensordnung und zur Entwicklung des heutigen Völkerrechtes. Der Friede wurde zum Vorbild für spätere Friedenskonferenzen, da er dem Prinzip der Gleichberechtigung und Souveränität der Staaten zur Durchsetzung verhalf.

Der ganze Vertrag: http://www.pax-westphalica.de/, mehr: Acta Pacis Westphalicae: Informationen und Überblick, Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, Die Westfälischen Friedensverträge vom 24. Oktober 1648, Texte und Übersetzungen (Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1)

Internet: https://www.stadt-muenster.de/frieden/startseite, https://friedensstadt.osnabrueck.de/de/

Abschlusstag am 24. Oktober im Überblick:

-        ab 10 Uhr: Book of Peace - Deine Unterschrift für den Frieden, Historisches Rathaus. Den gesamten Tag hindurch liegt das „Book of Peace" im historischen Rathaus aus, das allen die Möglichkeit gibt, den Wunsch nach Frieden durch ihre Unterschrift zu bekräftigen. Das Buch wird am 25.10., dem Jubiläumstag in Osnabrück, ebenfalls ausliegen.

-        12 Uhr: Let’s Talk: Peace Beyond Borders - Junge Debatte mit Studierenden der Universität Münster aus der Initiative „Münster University International Model United Nations“ (MUIMUN) und internationalen Gästen über den Frieden in einer multipolaren Welt, Theater Münster, Kleines Haus

-        16.30 Uhr: Konflikte gewaltfrei lösen - Ökumenische Friedensvesper, Apostelkirche Münster. Die seit 1993 in Kooperation der evangelische Apostel-Kirchengemeinde, der katholische Pfarrei St. Lamberti sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) organisierte traditionelle ökumenische Friedensvesper stellt die Frage, wie Konflikte gewaltfrei überwunden werden können. Dazu wird der Psychotherapeut und Theologe Prof. Dr. Michael Utsch in seiner Predigt Überlegungen anstellen. Der wissenschaftliche Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) in Berlin, Experte in Psychotherapie und Seelsorge hat zahlreiche Artikel und Bücher zum Verhältnis von Psychotherapie und Spiritualität/Religiosität publiziert. Musikalisch gestaltet wird der Gottesdienst von Konrad Paul an der Orgel und dem Kammerchor St. Lamberti unter der Leitung von Maximilian Betz.

-        18 Uhr: Westphalian Peace Summit 2023. Globale Perspektiven auf den Frieden. Ein Gespräch mit internationalen Gästen, Theater Münster, Großes Haus. Unter der Schirmherrschaft von Prof. Hans-Gert Pöttering, ehemals Präsident des Europaparlamentes, diskutiert Georg Restle, Moderator bei Monitor (ARD), mit internationalen Gästen: Leymah Gbowee, Friedensnobelpreisträgerin aus Liberia, Prof. Dan Smith, Director of the Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) aus Stockholm, Prof. Dr. Ummu Salma Bava, Jawaharlal Nehru University aus Neu Delhi und Elmar Theveßen, Leiter ZDF Studio Washington D.C. – eine Veranstaltung der Städte Münster und Osnabrück in Kooperation mit IHK Nord Westfalen, Stiftung Westfalen-Initiative und dem Exzellenzcluster „Religion und Politik".

20.30 Uhr: Longing for Peace - Sehnsucht nach Frieden. Ein Zeichen der Hoffnung in unfriedlicher Zeit. Die große Open-Air-Inszenierung auf dem Prinzipalmarkt wird als emotionale Bild- und Klangreise der Sehnsucht nach Frieden Raum gegeben. Nach einer Idee von Fritz Schmücker hat der Hamburger Lichtkünstler Michael Batz, der bereits den Reichstag, die Hamburger Speicherstadt und die Elbphilharmonie visuell in Szene setzte, ein eigenes Programm entwickelt, zu dem internationale Musikerinnen und Musiker Klänge und Melodien beisteuern. Die Open-Air-Veranstaltung ist öffentlich und frei zugänglich. Die ersten Ticket-Kontingente sind ausgebucht, es gibt nur noch Restkarten - bei Fragen hilft die Theaterkasse weiter: Tel. 0251 / 5909100 oder E-Mail: theaterkasse@stadt-muenster.de, mehr: https://www.stadt-muenster.de/frieden/jubilaeum

Dienstag, 24.10.2023