80. Todestag von Willi Graf

von Christof Beckmann

Donnerstag, 12.10.2023

Willi Graf, Mitglied der „Weißen Rose“, Flugblatt, Collage: KIP
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Willi Graf, Mitglied der „Weißen Rose“, Flugblatt, Collage: KIP

Vor 80 Jahren wurde er von der Nazi-Justiz hingerichtet: Willi Graf aus Kuchenheim, Mitglied der Weißen Rose. In seinem letzten Brief schrieb er: „Sage auch allen anderen Freunden meinen letzten Gruß. Sie sollen weitertragen, was wir begonnen haben.“

INFO: Heute vor 80 Jahren wurde er von der Nazi-Justiz hingerichtet: Willi Graf aus Kuchenheim bei Euskirchen, Mitglied der studentischen NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Sie waren am 18. Februar 1943 wegen der Verbreitung von Flugblättern festgenommen worden. Zur Last gelegt wurde ihnen „landesverräterische Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“. Am 22. Februar verurteilte sie der NS-Volksgerichtshof zum Tod durch das Fallbeil. Das Urteil wurde noch am selben Tag vollstreckt. Unweit der Grabstätten für die ersten Opfer der Widerstandsgruppe findet sich auch die letzte Ruhestätte eines weiteren Mitglieds, Alexander Schmorell. Er wurde am 13. Juli 1943 hingerichtet. Ebenso Professor Kurt Huber, der gleichfalls an diesem Tag hingerichtet wurde und auf dem Münchner Waldfriedhof beerdigt ist. Willi Graf starb am 12. Oktober 1943 unter dem Fallbeil. Auf Wunsch der Familie erfolgte 1946 die Umbettung seines Leichnams nach Saarbrücken.

Willi Graf (* 2. Januar 1918 in Euskirchen-Kuchenheim; † 12. Oktober 1943 in München-Stadelheim) wuchs in Saarbrücken auf, engagierte sich früh im katholischen Schülerbund Neudeutschland und in der Liturgischen Bewegung. 1934 schloss er sich dem Grauen Orden an, einem verbotenen Jugendbund, der sich auf Grund des Verbots vieler bündischer Jugendverbände gebildet hatte. Nach dem Abitur am Ludwigsgymnasium Saarbrücken studierte er ab 1937 in Bonn Medizin, war ab 1940 als Sanitäter zur Wehrmacht eingezogen, nahm an verschiedenen Kriegseinsätzen teil und wurde 1942 zur Fortsetzung des Medizinstudiums nach München geschickt. Hier schloss Graf sich der studentischen Gruppe der Weißen Rose an, die in Flugblättern zum Widerstand gegen Hitler und das nationalsozialistische Regime aufforderte. Am 18. Februar 1943 wurde Willi Graf zusammen mit seiner Schwester Anneliese in München festgenommen. Er wurde am 19. April 1943 wegen Hochverrats, Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung vom Volksgerichtshof unter Vorsitz Roland Freislers zum Tode verurteilt. Die Gestapo versuchte noch monatelang, Namen aus ihm herauszupressen. Graf wurde am 12. Oktober 1943 im Gefängnis München-Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet und auf dem Friedhof am Perlacher Forst bestattet. Im Jahr 1946 wurden seine sterblichen Überreste auf Wunsch seiner Familie exhumiert und am 4. November auf dem Alten Friedhof St. Johann in einem Ehrengrab beigesetzt. Am 27. Dezember 2017 wurde bekannt, dass das Erzbistum München und Freising die Möglichkeit eines Seligsprechungsverfahrens für Willi Graf in Betracht zieht. Die katholische Kirche hat Willi Graf als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

Gedenk- und Festveranstaltung in Euskirchen: Mit einer Gedenk- und Festveranstaltung am 12. Oktober 2023 erinnert der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln an den Mitbegründer der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“, Willi Graf. Die Veranstaltung anlässlich seines 80. Todestages findet in der Gesamtschule Euskirchen statt (15.00 Uhr, Gesamtschule Euskirchen, Kölner Straße 12, 53879 Euskirchen). In einem Festvortrag spricht Dr. Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der Weiße Rose Stiftung, über die Bedeutung des Widerstandes von Willi Graf gegen die nationalsozialistische Diktatur und seinen besonderen ethischen Ansatz, der aus einem tiefen religiösen Glauben schöpfte. Einen tiefen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt des Widerstandskämpfers gibt der Rezitator und Kunsthistoriker Markus Juraschek-Eckstein, der aus den Briefen Willi Grafs an seine Eltern und Schwestern liest. Musikalisch begleitet wird die Fest- und Gedenkveranstaltung von dem Gitarrenvirtuosen Rolf Beydemüller. Die Schirmherrschaft hat der Landrat des Kreises Euskirchen, Markus Ramers, übernommen. Er spricht ein Grußwort.

In der Einladung heißt es: „Die Liebe Gottes hält uns umfasst und wir vertrauen auf seiner Gnade“, schrieb Graf in einem Abschiedsbrief an seine Eltern und Schwestern. Graf trug ein tiefes Vertrauen in die Liebe Gottes in sich, aus dem er Kraft für seinen Widerstand schöpfte und das ihm in der Haft bis zu seinem Tod Hoffnung gab. Graf wurde am 12. Oktober 1943 von den Nationalsozialisten in München hingerichtet. „Angelegenheit heute ohne Zwischenfall erledigt“, schrieb die Oberstaatsanwaltschaft München über die Hinrichtung. Sie irrte sich deutlich. Willi Grafs Widerstand, den er auf der Grundlage christlicher Werte leistete, ist bis heute Vorbild für Menschen, die sich für Demokratie und gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus einsetzen.

Mehr: Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln, https://www.dioezesanrat.de/aktuelles/aktionen-und-veranstaltungen/aktionen-detailseite/willi-graf-weitertragen-was-wir-begonnen-haben.html

Die Weiße Rose: Die Münchner Widerstandsgruppe stellte sich ab Sommer 1942 mit sechs Flugblättern offen gegen die NS-Diktatur und rief zur sofortigen Beendigung des Krieges auf. Im Februar 1943 wurden der innere Kreis der Weißen Rose zerschlagen und in fünf Prozessen sieben Todesurteile und lange Haftstrafen verhängt. MitstreiterInnen in anderen Städten wie Ulm, Saarbrücken, Hamburg und Berlin führten den Widerstand weiter, und ihre Verfolgung und etliche Verhaftungen dauerten bis Kriegsende an. „Menschlichkeit im Herzen, sind eines unmenschlichen, gewaltsamen Todes gestorben: Willi Graf, Kurt Huber, Hans Leipelt, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Hans Scholl, Sophie Scholl. So bewährt sich jene Gesinnung, die wahr ist und niemals dem Urteil anderer unterworfen sein will.“ – so lautet der heute fast unlesbare Text auf einer Steinplatte, die vor genau 70 Jahren im Lichthof der Uni München angebracht wurde. Die Geschichte ihres Widerstands schildert die bpb in einem ausführlichen Dossier unter: http://www.bpb.de/geschich…/nationalsozialismus/weisse-rose/. Zahlreiche Straßen, Schulen und andere Einrichtung tragen heute ihren Namen.

Weiße Rose Stiftung e.V.: Die Weiße Rose Stiftung e.V. wurde im Jahr 1987 von Überlebenden, Familienangehörigen und Freunden der Widerstandsgruppe gegründet. Sie will die Erinnerung an den Widerstand gegen die NS-Diktatur wachhalten und Zivilcourage, individuelle Verantwortung sowie demokratisches Bewusstsein fördern. Schwerpunkte der Arbeit sind Ausstellungen, historisch-pädagogische Projekte mit Schulen und Veranstaltungen. Ziel der Weiße Rose Stiftung e.V. ist es, im In- und Ausland die Erinnerung an den Widerstand der Weißen Rose wach zu halten sowie Toleranz und demokratisches Bewusstsein zu stärken. Kontakt: Weiße Rose Stiftung e.V., Dr. Hildegard Kronawitter, 1. Vorsitzende, ehrenamtliche Geschäftsführung, Ludwig-Maximilians-Universität, Geschwister-Scholl-Platz 1, D-80539 München, Tel. 089 / 2180-5678 und 089 / 2180-5359, Fax 089 / 2180-5346, E-Mail: info(at)weisse-rose-stiftung.de, facebook: www.facebook.com/WeisseRoseStiftung, Internet: www.weisse-rose-stiftung.de

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