925 Jahre Hildegard von Bingen

von Stefan Klinkhammer

Samstag, 16.09.2023

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Bild: Hildegard von Bingen, Collage KIP

Sie war eine echte Powerfrau in ihrer Zeit: Der offizielle Gedenktag der Äbtissin, Mystikerin und Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen, vor 925 Jahren geboren, steht morgen auf dem Kalender. Sie war weit mehr als eine Kräuternonne …

INFO: Hl. Hildegard von Bingen, Äbtissin, Prophetin, Mystikerin und Kirchenlehrerin, gehört zu den bedeutendsten Frauengestalten des deutschen Mittelalters. Das zehnte Kind des Edelfreien Hildebert und seiner Gattin Mechtild, 1098 in Bermersheim nördlich von Alzey geboren, wurde mit acht Jahren in klösterliche Erziehung bei Jutta von Sponheim in der nahe gelegenen Benediktinerabtei auf den Disibodenberg an der Nahe gebracht. Als Jutta 1136 starb, wurde Hildegard ihre Nachfolgerin. 1147-1150 gründete sie mit ihren inzwischen zahlreicher gewordenen Nonnen ein eigenes Kloster auf dem Rupertsberg und rief um 1165 ein Tochterkloster in Eibingen bei Rüdesheim ins Leben.

Schon auf dem Disibodenberg hatte sie begonnen, ihre Visionen und Einsichten niederzuschreiben. Die Texte der Äbtissin, Seherin, Heilkundigen und Komponistin beschäftigen sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik, Kosmologie und bis heute ist ihre Kräuter- und Heilkunde populär. Von vermutlich keiner anderen Frau des Mittelalters sind noch 850 Jahre nach ihrem Tod so viele Texte, Bilder und sogar musikalische Werke überliefert wie von Hildegard: Zwischen 1151-1158 entstanden ihr Hauptwerk „Liber Scivias Domini“ (Wisse die Wege des Herrn), ihre naturheilkundlichen Schriften „Physica“ (Heilkraft der Natur) und „Causae et Curae“ (Ursache und Behandlung von Krankheiten). 1163 schloss sie das „Liber Vitae Meritorum“ (Buch der Lebensverdienste) ab und begann ihr „Liber Divinorum Operum“ (Buch der göttlichen Werke), ihre letzte große Visionsschrift. Zudem schrieb sie siebzig Lieder, Antiphonen und Hymnen. „Gott ist ewig, und Ewigkeit ist Feuer, und das ist Gott. Und Gott ist kein verborgenes, kein schweigendes Feuer, sondern ein wirkendes Feuer“, war Hildegard überzeugt: „Der Heilige Geist ist Leben spendendes Leben, Beweger des Alls und Wurzel alles geschaffenen Seins. Er reinigt das All von Unlauterkeit, er tilgt die Schuld, und er salbt die Wunden. So ist er leuchtendes Leben, würdig des Lobes, auferweckend und wieder erweckend das All.“

Durch ihre Schriften, Briefe, Predigten und Prophezeiungen wurde Hildegard von Bingen eine bekannte Persönlichkeit. Die tatkräftige und energische Klosterfrau rief Klerus und Volk zur Buße auf, forderte strenge Sittenzucht und verkündigte schwere Gerichte, aber auch den Sieg und die Läuterung der Kirche. Missionspredigten führten sie 1158-1163 nach Frankreich, Lothringen und durch das Rheinland. Sie genoss hohes Ansehen und führte ausgedehnte Briefwechsel mit Päpsten und Königen; aber auch arme und einfache Menschen suchten bei ihr Rat und Hilfe. Hildegard starb am 17. September 1179 im Alter von 81 Jahren. Ihr 1233 eingeleiteter Heiligsprechungsprozess wurde nie zu Ende geführt. Doch im deutschsprachigen Raum wurde der Volksheiligen trotzdem gedacht. 2010 würdigte Papst Benedikt XVI. die mittelalterliche Benediktinerin und Visionärin als „große Frau und Prophetin“, sprach sie am 10. Mai 2012 heilig und ernannte sie am 7. Oktober 2012 zur Kirchenlehrerin.

LINKS: www.abtei-st-hildegard.de; www.hildegard-gesellschaft.org; www.disibodenberg.de; www.hildegardvonbingen.info).

„Hildegarten“ in Bingen: Viel Wissenswertes zu Hildegard bietet vor herrlicher Rheinkulisse das „Museum am Strom“ in Bingen. Es präsentiert nicht nur spannende Themen wie die Rheinromantik und die Stadtgeschichte von den Römern bis heute, sondern lässt Hildegard von Bingen an ihrer historischen Wirkungsstätte mit allen Sinnen erleben. Die Dauerausstellung dokumentiert ihr Leben und ihre Zeit, dazu macht der zugehörige „Hildegarten“ das Kräuterwissen der damaligen Zeit erlebbar.

Der 900. Geburtstag Hildegards von Bingen 1998 bot den Anlass, das prachtvolle historische Elektrizitätswerk von 1898 am Binger Rheinufer in das „Historische Museum am Strom – Hildegard von Bingen“ umzuwandeln. Seither kommen Besucher aus aller Welt hierher, um sich in einer großen Ausstellung umfassend über Leben und Werk der großen Visionärin zu informieren: Denn wertvolle Objekte, Erstdrucke und Modelle, Multimedia-Installationen, eine aufwändige grafische Gestaltung und mehrere Mitmach-Objekte vermitteln ein authentisches Bild der Äbtissin vom Binger Kloster Rupertsberg. Sie lassen die lehrreiche Zeitreise ins Mittelalter zum Erlebnis für die ganze Familie werden. Seit kurzem lässt sich in der Villa am Rupertsberg auch mithilfe digitaler Technik das verschwundene Hildegard-Kloster neu entdecken: Per „Fahrstuhl in die Vergangenheit“ geht es mitten hinein in das Kloster und zeigt, wie es im 12. oder 13. Jahrhundert ausgesehen haben mag.

Kontakt: Museum am Strom, Museumstraße 3, 55411 Bingen am Rhein, Tel. 06721 / 184-353, Fax 06721 / 184-359, Internet: https://www.bingen.de/kultur/museum-am-strom, Flyer Museum am Strom deutsch (PDF Datei)

Samstag, 16.09.2023