Zu Tisch im Hause Luther
Freitag, 31.10.2014
Heute ist in der evangelischen Kirche Reformationstag. Denn am 31. Oktober 1517 nahm die Reformation ihren Lauf. Dr. Martin Luther wollte, dass die Kirche sich wieder mehr an der Bibel orientiert und schlug entsprechende Reformen vor.
Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche, damit jeder – und nicht nur die Priester – nachlesen konnte, was in ihr steht. Luthers Bibelübersetzung hat die deutsche Sprache geprägt. Seine theologischen Werke fordern die Kirche bis heute heraus. Und seineTischreden zeigen, wie biblische Erkenntnisse und das normale Leben miteinander in Kontaktkommen:
Essenszeit im Hause Martin Luther. Um seinen Tisch versammeln sich nicht nur seine Familienangehörigen, sondern auch seine Studenten, Freunde, Reisende und Schüler, also alle,die gerade im Hause zu Gast sind.
Die Stimmung zu Tisch ist gelöst. Statt zu schweigen, wie es für Martin Luthers während seiner Mönchszeit üblich war, leitet er häufig kurz nach Beginn des Essens in ein lebhaftes Gespräch über. Die Gesprächsinhalte kennen keine Tabus. Alles, was am Tag vorgefallen war, kann hier besprochen werden. Aber selbstverständlich sind es meistens theologische oder kirchliche Themen, die erörtert werden, zum Beispiel indem Martin Luther Ergänzungen zu seinen Schriften oder Predigten liefert.
Nicht selten kommt es vor, dass ein Teilnehmer dieser Tischgespräche ein paar Stichworte notiert, um sich später besser an die Worte des verehrten Professors erinnern zu können. Aber erst der Zwickauer Pfarrer Konrad Cordatus, der ab Sommer 1531 für längere Zeit als Logiergast im Hause Luther verweilt, fasst Mut und beginnt, die Tischreden Martin Luthers systematisch bereits während des Essens mitzuschreiben.
Bereits ca. 20 Jahre nach Martin Luthers Tod, wurden diese Gesprächsnotizen gesammelt, systematisiert und unter dem Titel „Tischreden“ von Aurifaber veröffentlicht. Und selbst heute existiert noch eine Ausgabe der Tischreden, die zuletzt von Professor Kurt Aland überarbeitet wurde und sowohl als Reclam-Ausgabe erhältlich ist als auch digital.
Ein Beispiel:
Martin Luther beklagte die erstaunliche Stumpfheit und Undankbarkeit der Menschen, welche die Gaben und großen Wohltaten Gottes so geringschätzen. Ehe das Neue Testament übersetzt war, wollte es jeder gern haben und lesen. Nachdem es dann übersetzt war, hielt das nur vier Wochen an, dann verlangten sie Mose. Als der übersetzt war, lasen sie ihn nur vier Wochen lang. Dann forderten sie dringend den Psalter; als der übersetzt war, erwarteten sie anderes. (…) Alles dauert immer nur vier Wochen, danach wird etwas Neues gesucht. Dieses Verlangen nach immer Neuem ist für das Volk die Mutter aller Irrtümer.
Das Beispiel zeigt, dass die Aussagen Martin Luthers auch heute noch aktuell sind, erinnern sie doch an die Gegenwart. Das Streben nach stets Neuem ist wohl doch nicht nur eine Folge von iPad und iPhone sondern vielmehr im Menschen selbst begründet!