Abt Nikodemus Schnabel: Blick auf Jerusalem

von Christof Beckmann

Donnerstag, 21.11.2024

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Abt Nikodemus Schnabel im Podcast „kannste glauben“

Der „Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem“ ist ein uraltes Fest, das von Jerusalem in die Welt ging. Vor Ort selbst ist es eine schwierige Zeit, berichtet Abt Nikodemus Schnabel vom Berg Zion  …

INFO: (pbm/lb). – Eine leere, aber blitzblank geputzte Cafeteria, ein Laden ohne Gäste, Angestellte ohne eine Aufgabe: Ein Jahr nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist das Leben in der Dormitio-Abtei in Jerusalem ein anderes. Die christlichen Pilger bleiben aus und die Mönche sind auf Spenden angewiesen, um ihre Angestellte weiterhin beschäftigen zu können. In einer neuen Folge des Bistums-Podcasts „kannste glauben“ berichtet Abt Nikodemus Schnabel im Gespräch mit Moderatorin Ann-Christin Ladermann vom Leben in einem Land im Krieg.

„Das Kloster in Tabgha ist massiv in der Schusslinie, wir sind ganz nah am Libanon“, berichtet der Abt. Täglich müssten die Brüder derzeit bei Raketenalarm in den Luftschutzbunker flüchten. Angst hat Nikodemus Schnabel dennoch nicht. „Ich habe keine Sorge, dass eine Rakete in Tabgha einschlägt”, sagt er. Die Raketen würden auf Militäreinrichtungen zielen. Skurril seien dagegen die Busfahrten zwischen Jerusalem und Tabgha. Im Bus wirke das Leben regelrecht normal. „Wenn man keine Nachrichten schauen würde, würde man nichts Auffälliges merken“, berichtet der Mönch. Trotz mehrfacher Aufforderung zur Ausreise haben sich die Brüder der Dormitio-Abtei in Israel entschieden zu bleiben. In der halbstündigen Podcast-Folge berichtet Abt Nikodemus Schnabel, was die Mönche in Jerusalem und Tabgha zu dieser Entscheidung bewogen hat und was ihnen in dieser Zeit Kraft gibt. Die Episode des Bistums-Podcasts „kannste glauben“ mit Abt Nikodemus Schnabel aus Jerusalem ist auf www.kannste-glauben.de abrufbar. Zudem können alle Folgen der Reihe bei Spotify, podcaster.de, Deezer, Google Play, YouTube, audible und Itunes kostenfrei angehört und abonniert werden.

Unser Gesprächspartner: Pater Dr. Nikodemus Schnabel OSB, 1978 geboren als Claudius Schnabel in Stuttgart, studierte nach dem Abitur 1998 am Fuldaer Domgymnasium an der Theologischen Fakultät Fulda, anschließend in Jerusalem, Münster, München und Wien. 2000/2001 Teilnehmer am Theologischen Studienjahr in der deutschsprachigen Abtei „Dormitio Beatae Mariae Virginis“ auf dem Jerusalemer Zionsberg, der er sich nach dem Studium 2003 als Mönch anschloss. Nach Profess 2004 und Weihe zum Diakon 2009 übernahm er 2011 die Leitung des 1908 gegründeten „Jerusalemer Institutes der Görres-Gesellschaft” (JIGG). Im September 2013 empfing er die Priesterweihe durch den Lateinischen Patriarchalvikar für Jerusalem, Bischof William Schomali. 2013 wurde er mit einer liturgiewissenschaftlichen Arbeit an der Universität Wien promoviert; 2014 mit dem Dissertationspreis der Katholischen-Theologischen Fakultät der Universität Wien ausgezeichnet. Nikodemus Schnabel war Subprior, ist Zeremoniar und Rector ecclesiae der Dormitio, Auslandsseelsorger für die deutschsprachigen Katholiken in Israel und Palästina sowie Pressesprecher seines Klosters. Von 2016 bis 2018 wirkte er als Prior-Administrator der Abtei und 2018/19 als Berater im Referat „Religion und Außenpolitik“ im Auswärtigen Amt in Berlin. Nach Aufenthalt im belgischen Benediktinerprioriat Saint-André de Clerlande ist P. Schnabel seit Sommer 2020 für das Theologische Studienjahr Jerusalem zuständig, das nach Rom verlegt wurde. Am 2. Juli 2021 ernannte ihn der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa OFM, zum Patriarchalvikar für die Migrantenseelsorge des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem.

Kontakt: Abt P. Dr. Nikodemus Claudius Schnabel OSB, Dormition Abbey, Mount Zion, P.O.B. 22, 9100001 Jerusalem, ISRAEL, mobile: +972-54-946-7505. E-Mail: nikodemus@dormitio.net, www.dormitio.net, www.paternikodemus.de, twitter.com/paternikodemus, facebook.com/nikodemusschnabel, instagram.com/paternikodemus

Buchtipp: Pater Nikodemus Schnabel, Zuhause im Niemandsland. Mein Leben im Kloster zwischen Israel und Palästina, 176 Seiten, Verlag: Herbig; Auflage: 1 (14. September 2015), ISBN-10: 3776627441, ISBN-13: 978-3776627442. Hautnah spürt er als Mönch auf dem neutralen schmalen Streifen zwischen Israel und Palästina auch die seit Monaten wieder von vielen Seiten verstärkt ausgehende religiös motivierte Gewalt in Israel. Das Dormitio-Kloster auf „neutralem Gebiet“ dient als Begegnungsstätte der verschiedenen Religionen und ist Treffpunkt für Politiker, Diplomaten und Korrespondenten aus aller Welt – ideal für einen neuen Blick auf den Nahostkonflikt. Darauf spielt auch der Titel seines Buchs „Zuhause im Niemandsland“ an.

Benediktinerabtei Hagia Maria Sion in Jerusalem: Zu den vielen Heiligen Stätten der Christen im „Heiligen Land“ gehören die Grabeskirche in Jerusalem, die Geburtskirche in Bethlehem, das Grab der Muttergottes, die Himmelfahrtskapelle und der sogenannte Abendmahlssaal, das aus dem 14. Jh. stammende sogenannte „Coenaculum“, unterhalb der südwestlichen Altstadt von Jerusalem gelegenen Zionsberg. Auf ihm gibt die internationale deutschsprachige Benediktinerabtei Hagia Maria Sion, die Dormitio-Abtei B.M.V. (Dormitio Beatae Mariae Virginis - Mariae Heimgang), der ganzen Stadt ihre typische Silhouette.

Das ab 1906 gebaute Kloster steht auf einem Grundstück, das Kaiser Wilhelm II. dem Deutschen Verein vom Heiligen Land geschenkt hatte. Besiedelt wurde es durch Mönche aus der süddeutschen Abtei Beuron, 1910 wurde die Kirche geweiht, 1926 das Kloster zur Abtei erhoben. Von 1948 bis 1951 waren die Mönche ausquartiert, weil das Kloster nahe an der Grenze zwischen Israel und der - damals jordanischen - Altstadt lag. Seit Ende der 60er Jahre gewann die Abtei an Bedeutung, vor allem unter der Leitung des Trierers Laurentius Klein (1928-2002), Abt von 1969 bis 1979. Er begründete 1973 ein bis heute gefragtes ökumenisches Theologisches Studienjahr für Studierende aus dem deutschsprachigen Raum.

Zur Gemeinschaft gehören derzeit insgesamt 14 Brüder. Die Mönche engagieren sich im Gespräch der monotheistischen Religionen, besonders im jüdisch-christlichen Dialog, und fördern die Begegnung zwischen Deutschen, Israelis und Palästinensern. Der „Mount Sion Award“ wird alle zwei Jahre in der Dormitio-Kirche an Personen verliehen, die sich im Gespräch zwischen Christen, Juden und Muslimen verdient gemacht haben. Abt der Gemeinschaft ist der deutsche Benediktiner Nikodemus Schnabel (44).

Kontakt: Dormition Abbey, Mount Zion, P.O.B. 22 / 91000 Jerusalem, ISRAEL, mehr Infos zu den Benediktinern in Jerusalem: www.dormitio.net.

Tabgha: Tabgha am Nordwestufer des Sees Genezareth ist eine wichtige biblische Stätte: Der Ort gilt nach der Überlieferung als die Stelle der wundersamen Brotvermehrung und der Einsetzung Petri zum ersten Papst. Das 1889 dort unter den Lazaristenpatres eröffnete christliche Hospiz entwickelte weitreichende seelsorgerische und Bildungstätigkeit, aber auch Arbeit und Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich. 1936 wurden in der Nähe des Hospizes wertvolle Mosaiken aus einer byzantinischen Kirche des 5. Jahrhunderts entdeckt, die in der 1982 wiederaufgebauten Brotvermehrungskirche neben dem Pilgerhaus zu sehen sind. Über den Deutschen Verein vom Heiligen Lande ging 1939 die Leitung an die Benediktiner der Dormitio-Abtei in Jerusalem über. Das alte Hospiz wurde nach 1948 israelische Jugendherberge und die auf einer Farm lebenden Brüder zogen 1954 in einen Neubau neben der damaligen „Notkirche“. Als auch der Gäste- und Wirtschaftstrakt nicht mehr modernen Bau- und Sicherheitsstandards genügte, entschlossen sich der Deutscher Verein vom Heiligen Lande (DVHL) als Eigentümer und die Benediktiner der Dormitio (www.dormitio.net) zu einem Klosterneubau. Er begann 2009 und wurde am Himmelfahrtstag 2012 durch Erzbischof Joachim Kardinal Meisner als damaligem Präsidenten des DVHL eingeweiht. Der Garten rund um das Pilgerhaus, die Oliven- und Obstplantage bilden mit dem Seeufer einen „biblischen Park“: Hier, in der Nachbarschaft zur Brotvermehrungskirche, Peterskirche und Primatskapelle, von Kapharnaum, Kana, Tiberias, Nazareth, Berg Tabor und dem Berg der Seligpreisungen sind das Pilgerhaus und das Benediktinerkloster mit seiner Jugend- und Behindertenbegegnungsstätte Beit Noah offen für viele Gäste aus dem In- und Ausland. Auch Orte im Golan sind von Tabgha aus gut zu erreichen.
Kontakt: Pilgerhaus Tabgha am See Gennesaret, P.O.B. 444, IL-1495000 Migdal, Tel. 00972-(0)4-6700-100, Fax 00972-(0)4-6700-101, Internet: http://www.dormitio.net/orte/tabgha/index.html.

Die Benediktiner (lateinisch Ordo Sancti Benedicti, abgekürzt OSB, deutsch: Orden des Heiligen Benedikt) gelten als ältester Orden des westlichen Ordenslebens. Benannt ist er nach seinem Gründer Benedikt von Nursia (480-547), der einer weltlichen Karriere ein kontemplatives Leben vorzog und mit seiner Ordensregel das Motto „Ora et labora et lege“ (lateinisch: „Bete und arbeite und lies“) prägte. Drei Gelübde legen die Männer und Frauen ab, die sich den Benediktinern anschließen: „Stabilitas loci“ (Beständigkeit in der Gemeinschaft und Ortsgebundenheit des Mitglieds an ein bestimmtes Kloster), „Conversatio morum suorum“ (klösterlicher Lebenswandel), „Oboedientia“ (Gehorsam). Zurzeit gibt es weltweit rund 40.000 Mönche und Nonnen beziehungsweise Schwestern, die zur benediktinischen Ordensfamilie gehören. Zum Orden allgemein: www.benediktiner.de.

Benedikt von Nursia: 480 in der Nähe von Nursia/Umbrien geboren, begann Benedikt in Rom ein Studium, zog der weltlichen Karriere jedoch ein kontemplatives Leben in einer asketischen Gemeinschaft in Enfide vor. „Ora et labora - Bete und arbeite“ wurde das Motto seiner Ordensregel. Für die Gruppe, die sich ihm anschloss, entwickelte ein Konzept von Zucht und Maß: zölibatäres Leben, einfache Ernährung, feste Zeiten für Schlaf, Gebet, Lesung und Arbeit. Das Modell des monastischen Lebens für Benedikt war die Familie mit dem Abt als Vater und den Mönchen als Brüdern. Nach der Gründung von zwölf Klöstern in Subiaco im Aniotal, führte er 529 eine Gemeinschaft auf dem Montecassino in der Nähe von Neapel, wo er am 21. März 547 starb. Benedikt wurde berühmt durch seine Ordensregeln, auf deren Grundlage sich ein Mönchsorden, die Benediktiner, und ein Nonnenorden gründete. Wie Benedikt wurde auch seine Zwillingsschwester Scholastica heiliggesprochen. Von Papst Pius XII. wurde Benedikt zum „Vater Europas“ erklärt, von Paul VI. 1964 zum „Schutzpatron Europas“. Von ihm selbst stammt der Satz: „Keiner soll nach dem eigenen Nutzen streben, vielmehr soll jeder auf das bedacht sein, was für den andern gut ist.“ (Aus der Regel des hl. Benedikt)

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