Balkonsingen: "Der Mond ist aufgegangen"
Montag, 06.04.2020
Was für ein Comeback: Wegen der Corona-Krise ist ein fast 250 Jahre altes deutsches Volkslied plötzlich wieder in aller Munde. Das hat auch damit zu tun, das es heute noch im Evangelischen Gesangbuch steht.
"Der Mond ist aufgegangen" von Mattias Claudius hat die Gesangbuch-Nummer 842 und ein echter Klassiker. Generationen von Kindern ist es schon als Gute-Nacht-Lied vorgesungen worden, und auch bei den Deutschen Evangelischen Kirchentagen wird es im Schein Tausender Kerzen von den Teilnehmern zum Abschluss eines jeden Veranstaltungstages intoniert. Dass es nun aktuell zu neuen Ehren kommt, ist der Corona-Krise geschuldet.
Nachdem sich über Youtube und Facebook die Bilder von Italienern verbreitet haben, die von ihren Balkonen aus gegen die Krise ansingen, lädt auch die Evangelische Kirche in Deutschland jeden Abend um 19 Uhr zum Mitsingen ein: Alle Menschen sind aufgerufen, von ihren Balkonen oder Fenstern aus "Der Mond ist aufgegangen" zu singen.
Die Wahl fiel auf dieses Lied, weil es einerseits zu einer Zeit entstanden ist, als Hunger, Krankheit und Tod zum täglichen Leben gehörten. Das musste auch der Dichter Matthias Claudius erfahren, der den Text im Jahr 1779 geschrieben hat: Eines seiner 12 Kinder starb kurz nach der Geburt, ein anderes wurde nur 2 Jahre alt. Und trotzdem schrieb er dieses Lied voll Zuversicht und Gottvertrauen.
Im Text geht es um die Unverfügbarkeit des Lebens, um Krankheit, die viele Menschen bedroht, um die eigene Existenz und nicht zuletzt auch um den Tod. Unser Leben ist zerbrechlich, angreifbar und endlich. Gerade jetzt werden wir schmerzhaft daran erinnert. Aber gleichzeitig können wir uns mit diesem Lied auch an die christliche Hoffnung erinnern lassen, dass der Tod nicht das letzte Wort über uns hat. Diese Botschaft steht auch am Ende dieser Woche. Dann ist Ostern.