Buß- und Bettag / von der evangelischen Kirche

von Manfred Rütten

Mittwoch, 21.11.2018

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„Gott ist kein Aufpasser", sagt Pastor Johannes Ahrens. Deshalb hält er auch nichts von dem Satz „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort". Braucht es da überhaupt noch so etwas wie „Buße"? Und wie geht das überhaupt?

Gott gibt niemanden verloren 

INFO: Einen Beichtstuhl sucht man in evangelischen Kirchen zwar vergebens. Aber auch hier sind Sündenbekenntnis und -vergebung zentrale Begriffe und feste Bestandteile in jedem evangelischen Gottesdienst. Denn das Bekenntnis von Sünde und Schuld und die zugesprochene Vergebung Gottes gehören zum Kern des christlichen Glaubens. Der Begriff „Sünde" lässt sich dabei ableiten von „sondern", „Absonderung". Mit Sünde ist also die Absonderung von Gott gemeint. Damit ist der Begriff weniger ein moralischer als vielmehr ein religiöser. Sünde meint das menschliche Handeln ohne bzw. gegen Gott und seine Gebote.

Anders als in der katholischen Kirche gibt es nach lutherischem Verständnis keinen Zwang oder eine Pflicht zur Beichte: Das Bekenntnis von Sünde, Schuld und Scheitern sollte immer freiwillig erfolgen und gilt auch nicht als Sakrament. Wichtiger als die Besprechung einzelner Regelverstöße ist die abschließende Absolution, denn durch sie wird die durch die Sünde beschädigte oder zerstörte Beziehung zu Gott und den Mitmenschen wiederhergestellt. Außerdem gilt: der Mensch kann sich Sündenvergebung nicht durch eigene gute Taten „erkaufen" (Ablass).

Grundsätzlich lässt sich festhalten: Wer vor Gott seine Schuld/Sünde ehrlich eingesteht und Umkehr und Besserung verspricht, der darf mit Gottes Vergebung rechnen. Im Lukas-Evangelium heißt es dazu im Kapitel 15, Vers 7: „Ich sage euch, so wird Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die da keine Buße nötig haben." Und in seinem Brief an die Römer stellt der Apostel Paulus fest: „(…) weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn." (Römerbrief, Kap. 8, Vers 39)

Der Gedanke von Schuldeingeständnis und Umkehr steht bis heute im Mittelpunkt des Buß- und Bettags, der traditionell am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag begangen wird - in diesem Jahr am 21. November. Seine Tradition lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Tage der Buße im Sinne eines Überdenkens seiner Taten und einer Besinnung waren und sind nicht zwingend an den christlichen oder evangelischen Glauben gebunden und fanden auch schon in Zeiten vor der Reformation statt. Nach dem Wegfall der so genannten Quatembertage, an denen an vier Terminen im Jahr gefastet wurde, fand 1532 auf Anordnung des damaligen Kaisers der erste Bettag statt.

1878 existierten gleich 47 Bußtage, die auf 24 unterschiedliche Daten fielen. 28 deutsche Länder hatten unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich des genauen Termins, und erst 1934 wurde der Buß- und Bettag zum gesetzlich einheitlichen Feiertag für ganz Deutschland. Es folgten unterschiedliche Regelungen, sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik, wobei ab 1981 die gesamte Bundesrepublik einen Feiertag festlegte und nach der Wiedervereinigung auch die neuen Bundesländer mitzogen.

1994 wurde der Buß- und Bettag zum letzten Mal als gesetzlich geschützter Feiertag begangen. Am 1.1.1995 trat dann das Gesetz zur Pflegeversicherung in Kraft. Dieses sah vor, dass der Versicherungsbeitrag wie der bei der Arbeitslosen- oder Rentenversicherung jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt werden soll. Zum Ausgleich (Kompensation) der Unternehmerbeiträge wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Er ist seitdem kein arbeitsfreier Tag mehr. Nur in Sachsen wurde der Buß- und Bettag beibehalten, darum sind hier die Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozent höher als im übrigen Bundesgebiet.

Bundesweit wird der Buß- und Bettag in den evangelischen Kirchengemeinden weiterhin begangen. Überall im Land finden in den Abendstunden entsprechende Gottesdienste statt.

Text: Manfred Rütten

Mittwoch, 21.11.2018