Domführung in der Muttersprache

von Stefan Klinkhammer

Samstag, 20.08.2022

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Touristen aus unterschiedlichen Ländern können sich glücklich schätzen: Noch eine Woche lang werden sie im St.-Paulus-Dom Münster in ihrer Muttersprache empfangen. Studierende aus unterschiedlichen Ländern bieten kostenlose Führungen...

INFO: Touristen aus unterschiedlichen Ländern können sich glücklich schätzen: Vom 8. bis 27.8. August 2022 werden sie im St.-Paulus-Dom Münster in ihrer Muttersprache empfangen. Estrella Garcia aus Spanien, Pleun Bruinewoud aus den Niederlanden und Peter York aus England führen Touristinnen und Touristen in ihrer jeweiligen Muttersprache durch die Kathedrale. Zum ersten Mal nehmen die drei Studierenden am Projekt der ökumenischen Organisation ARC Deutschland teil, die Abkürzung steht für „Accueil“ (Empfang), „Rencontre“ (Begegnung) und „Communauté“ (Gemeinschaft). Der Verein organisiert in den Sommermonaten unter dem Motto „Steine zum Sprechen bringen“ Führungen in mehreren europäischen Kathedralen, darunter Münster.

„Die Stadt ist wunderschön“, sind sich Peter York und Estrella Garcia einig. Besonders beeindruckt ist die Spanierin von den vielen Fahrrädern. „Sie sind überall in der Stadt“, hat die 18-Jährige schon festgestellt. Pleun Bruinewoud dagegen ist nicht zum ersten Mal in der Domstadt. „Meine Schwester studiert seit ein paar Monaten hier“, berichtet die 22-Jährige. Erst habe sie gedacht, dass Münster eine sehr alte Stadt sei. „Aber das trifft nur auf einen Großteil der Gebäude zu, durch die vielen Studierenden ist Münster eine sehr junge Stadt, diese Mischung gefällt mir“, sagt sie.

Zu Beginn ihres Aufenthaltes wurden die drei geschult und erhielten in einer Führung Einblicke in die Kunst- und Baugeschichte des Doms. Die filigrane Kunst im Sandstein und in den Fenstern hat es Estrella Gracia besonders angetan, Peter York dagegen ist von der astronomischen Uhr fasziniert. „So eine Uhr ist wirklich selten, man kann viel von ihr ablesen“, hat der 21-Jährige bereits herausgefunden. Pleun Bruinewoud hat sich vor allem über den früheren Münsteraner Bischof Kardinal Clemens August von Galen informiert, dessen Grab sich im Dom befindet. „Er hat mutige Predigten im Nationalsozialismus gehalten, ich finde es gut, dass hier so prominent an ihn und sein Wirken erinnert wird“, findet die Niederländerin.

Noch bis Samstag, 27. August, begrüßen die drei Studierenden Besucher aus verschiedenen Ländern im Paradiesportal am Eingang des Domes und begleiten sie, sofern erwünscht, durch den Dom. Was sie den Gästen Wissenswertes erzählen, hängt vom Vorwissen der Besucher ab. „Ich habe schon ein Ehepaar aus den Niederlanden herumgeführt, das schon viel wusste, weil der Mann Historiker war. Aber ich konnte ihnen trotzdem noch etwas Neues erzählen“, freut sich Pleun Bruinewoud. Bereits in den ersten Tagen stieß das Angebot des ARC Deutschland auf reges Interesse: „Draußen ist es sehr heiß und die Menschen flüchten in die angenehm kühle Kirche“, weiß die 22-Jährige. 

Die drei Studierenden sind während ihres Aufenthaltes im Priesterseminar Borromaeum untergebracht. „Wir fühlen uns sehr wohl und es wird gut um uns gekümmert“, sagt Esterella Gracia. Besonders genießen sie die Gesellschaft und den Austausch mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern. Die Zeit außerhalb der Führungen nutzen sie für Aktivitäten: „Wir versuchen, so viel wie möglich zu sehen und zu erleben“, sagt Pleun Bruinewoud. So waren sie schon am Aasee und werden dort noch segeln, Besuche im Picassomuseum und bei der Langen Nacht im LWL-Museum stehen noch an, außerdem mit dem Fahrrad ins Umland fahren und natürlich Eis essen. Eine kostenlose Führung dauert in etwa 30 Minuten und kann bis zum 27. August montags bis samstags zwischen 10 und 12 Uhr sowie zwischen 14 und 17 Uhr in Anspruch genommen werden. (Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann)

ARC Deutschland e.V.: ARC ist eine internationale ökumenische Organisation, die in den Sommermonaten Führungen in bedeutenden europäischen Kathedralen organisiert. Die Buchstaben ARC stehen für die französischen Wörter „Accueil“ (Empfang), „Rencontre“ (Begegnung) und „Communauté“ (Gemeinschaft). ARC gibt es in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und den Niederlanden. Jedes Land entsendet Teilnehmer zu den einzelnen Kirchenführerprojekten – so entstehen kleine ARC-Gruppen mit jungen Menschen aus verschiedenen Ländern. Kontakt: ARC Deutschland e.V., Schwabstraße 61, 72074 Tübingen, Kontakt: Tel. 0160 / 8239331, E-Mail: info@arc-deutschland.de, Internet: https://arc-deutschland.de, Facebook: https://www.facebook.com/ARCDeutschland/

Rundgänge durch den Paulusdom: Die Domverwaltung bietet außerhalb der Gottesdienstzeiten geführte Rundgänge mit geschulten Domführerinnen und Domführern durch den Sankt-Paulus-Dom an. Die einstündigen Führungen werden von geschulten Domführerinnen und Domführern geleitet. Die nächsten gesetzten Termine: 20. August, 27. August, 3. September, 17. September. Uhrzeit jeweils 13.30 Uhr, Treffpunkt: Paradiesportal (Haupteingang), Dauer: 60 Minuten. Kosten: 3,00 € pro Person (Erwachsene über 18 Jahre), ermäßigt 2,00 € pro Person (Sozialhilfe, SGB II (Hartz 4), Behinderte, Jugendliche 12-18 Jahre, Studenten), Kinder unter 12 Jahren frei. Tickets: Direkt beim Küster/bei der Küsterin vor Führungsbeginn am Treffpunkt zu erwerben. Teilnehmer: Maximal 25 Personen, weitere Informationen zu Domführungen.

Weitere Termine können mit der Domverwaltung über Tel. 0251 / 495-6700 oder über das Formular vereinbart werden. Mögliche Zeiten für Gruppenführungen sind montags bis freitags 10-12 Uhr, 13-17 Uhr und 18-19 Uhr sowie samstags 10-12 Uhr und 13-15 Uhr. Die Kosten betragen 50 Euro / Stunde für Gruppen von maximal 15 Personen. Auf Wunsch folgt der Rundgang einem für Rollstuhlfahrer barrierefreien Weg. Für Menschen mit besonderen Bedürfnissen sind außerdem Führungen für schwerhörige und gehörlose Menschen, Führungen für blinde und sehbehinderte Menschen sowie Führungen in einfacher Sprache möglich. Der Dom verfügt über einen für Rollstuhlfahrer barrierefreien Eingang (Uhrenportal) sowie über eine mit dem Rollstuhl zugängliche Toilette. Link: Zur Online-Anmeldung für Domführungen für Gruppen

Interreligiöse Führung durch Dom und Synagoge: Zu einer gemeinsamen Führung durch den St.-Paulus-Dom Münster und die Synagoge in Münster laden die Dompädagogik und die jüdische Gemeinde am Mittwoch, 24. August, ab 10 Uhr ein. Das im vergangenen Jahr anlässlich des Jubiläums „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ entwickelte Format wird vierteljährlich angeboten. Jeweils eine Vermittlerin des Paulusdoms und der jüdischen Gemeinde stellen Orte und Objekte vor, benennen Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Teilnehmer treffen sich um 10 Uhr zunächst zu einem Rundgang durch den Dom am dortigen Paradiesportal (Eingang vom Domplatz). Nach dem gemeinsamen Fußweg zur Klosterstraße setzt sich das Gespräch gegen 11.30 Uhr in der Synagoge fort. Dabei wird die Gruppe unter anderem die Bedeutung von Licht und Wasser, die unterschiedliche Sicht auf Jesus und das Kreuz, die Besonderheiten von Abendmahl und Kiddusch sowie die jeweiligen biblischen Texte thematisieren. Ziel ist vor allem ein lebendiges Gespräch über Verbindendes und Trennendes. Dazu soll es bei einer moderierten Fragerunde im Anschluss an die Rundgänge kommen. Gegen 13.30 Uhr endet die Veranstaltung. Die Zahl der möglichen Teilnehmer ist auf 15 begrenzt. Eine Anmeldung wird bei der Dompädagogik Münster per Mail an dompaedagogik@bistum-muenster.de erbeten. Die Teilnahme ist kostenlos, die Veranstalter freuen sich aber über eine Spende für die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster e.V.

Paulusdom in Münster: Als Bischofskirche ist der St.-Paulus-Dom das geistliche und religiöse Zentrum des im Jahr 805 gegründeten Bistums Münster, das auf die Missionstätigkeit des aus Friesland stammenden und in England ausgebildeten Missionars Liudger zurückgeht. Er gründete im sächsischen Mimigernaford sein „Monasterium“, aus dem der Name der heutigen Stadt entstand. Der Dom ist der dritte an gleicher Stelle und hatte bereits zwei Vorgängerbauten zu Anfang des 9. und Ende des 11. Jahrhunderts. Nach dem Brand des Doms 1071/1090 wurde der neue spätottonische Bau südlich des karolingischen Dombaus aufgeführt und 1090 von Bischof Erpho eingeweiht.
Nach Zerstörungen durch zwei große Feuersbrünste legte Bischof Dietrich von Isenburg 1225 den Grundstein zum Bau des heutigen Doms, der am 30. September 1264 nach knapp 40-jähriger Bauzeit durch Bischof Gerhard von der Mark geweiht wurde. Mit einer Gesamtlänge von fast 109 Metern, rund 44 Metern breiten Querschiffen im Westen und Osten und zwei 56 Meter hohen Türmen ist der Paulusdom die größte Bischofskirche Westfalens. Als einzige Kathedrale in Deutschland trägt er das Patrozinium des „Völkerapostels" Paulus. Die Haupt- und Mutterkirche des Bistums ist Sitz („cathedra“) des Diözesanbischofs, auch Abbild der Kirche und „steinernes Zeugnis des Glaubens“. Im Zweiten Weltkrieg erlitt er schwerste Zerstörungen und konnte 1956 wieder eingeweiht werden. Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen fanden 1985, 2001/02 und von Juni 2010 bis Anfang 2013 statt. 2014 wurde das 750-jährige Domjubiläum begangen. Mehr: https://www.paulusdom.de, mehr zur Astronomischen Uhr, #astronomischeuhr, #stpaulusdommünster.

DER DOM-IM-FLUG-FILM: Der Filmemacher und Fotograf Heiko Albrecht hat aus Anlass des 750-jährigen Domjubiläums den St.-Paulus-Dom in Münster aus einer ganz neuen Perspektive in den Blick genommen.

„Domgedanken“ im Paulusdom:

Die Vortragsreihe DomGedanken im St.-Paulus-Dom Münster steht in diesem Jahr unter dem Oberthema „Wem gehört die Welt?“. Sie findet vom 10. August bis zum 5. September an fünf Mittwochabenden jeweils um 18.30 Uhr im St.-Paulusdom Münster statt. Den Auftakt machte polnische Diplomat und Publizist Janusz Reiter aus Warschau am 10. August unter dem Titel „Die Rückkehr der Geschichte – Europa im Realitätscheck“.

17. August: Am 17. August spricht Dr. Stefanie Babst über „Die Freiheit des Westens – wie widerstandsfähig wollen wir sein?“. Sie ist Mitbegründerin und aktive strategische Beraterin in internationalen Sicherheitsfragen in der Beratungsfirma Brooch Associates in London. Zuvor war sie 22 Jahre in Führungspositionen für die NATO tätig, zuletzt als Leiterin des Strategic Foresight Teams, das den NATO-Generalsekretär und den Vorsitzenden des Militärausschusses zu strategischen Zukunftsfragen berät. Von 2006 bis 2012 war Babst amtierende NATO-Generalsekretärin für Öffentlichkeitsdiplomatie.

24. August: Die Domgedanken setzen sich am 24. August fort mit dem Vortrag „Russlands imperiale Idee … und was sie für uns bedeutet“ von Prof. Dr. Karl Schlögel. Der Professor für osteuropäische Geschichte von der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder, ist einer der renommiertesten deutschen Osteuropahistoriker und gefragter Publizist. Als Hochschullehrer für osteuropäische Geschichte wirkte er von 1990 bis 1994 an der Universität Konstanz und seit 1995 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Forschungsschwerpunkte sind russische Moderne und Stalinismus, russische Diaspora und Dissidentenbewegung, Kulturgeschichte osteuropäischer Städte und theoretische Probleme historischer Narration. Schlögel ist Autor zahlreicher und vielfach ausgezeichneter Bücher zu seinem Forschungsbereich.

31. August: Am 31. August thematisiert der bekannte Publizist und Bestseller-Autor Stefan Aust „Chinas großer Plan – Eroberung auf Schienen, Schiffen, Straßen“. Besondere Aufmerksamkeit erlangten seine Aufarbeitung des Baader-Meinhof-Komplexes sowie seine – auch filmischen – Arbeiten zur deutschen Wiedervereinigung. 1988 gründete Aust die Produktionsfirma Spiegel TV, deren Chefredakteur und Geschäftsführer er bis 2008 war. Von 1994 bis 2008 war Aust zugleich Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, seit 2014 ist er Herausgeber der Tageszeitung Die Welt und war bis September 2016 auch ihr Chefredakteur. Seit 1. Januar 2016 ist er Chefredakteur der Welt N24-Gruppe. Auch sein letztes Buch (gemeinsam mit Adrian Geiges) wurde ein Bestseller: „Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt“.

7. September: Zum Finale der DomGedanken 2022 spricht am 7. September Prof. Dr. Mehrdad Payandeh, Professor für Internationales Recht, Europarecht und Öffentliches Recht an der Bucerius Law School, Hamburg, zum Oberthema der gesamten Reihe: „Wem gehört die Welt? Über die ordnende Kraft des Völkerrechts“. Payandeh war in Düsseldorf als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht tätig. Sein Referendariat verbrachte er bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen in New York, der Großkanzlei Hengeler Mueller und am Bundesverfassungsgericht. Nach einem LL.M.-Studium an der Yale Law School kehrte er 2010 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zurück, wo er ab 2012 als Juniorprofessor für Öffentliches Recht und Völkerrecht tätig war. 2016 folgten die Habilitation und die Berufung an die Bucerius Law School. Seit 2020 ist Payandeh Mitglied des UN-Ausschusses zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung. Die Abende werden jeweils von thematisch passender Musik eingerahmt. Dafür zeichnen Domorganist Thomas Schmitz und die Dommusik verantwortlich. Alle Termine überträgt das Bistum Münster live im Internet. Interessierte können sie unter www.bistum-muenster.de und www.paulusdom.de verfolgen. Der Eintritt zu der Veranstaltungsreihe, die seit ihrer Premiere 2015 von Evonik Industries unterstützt wird, ist frei. Die Veranstalter bitten in der Kollekte um Spenden für die Bischof-Hermann-Stiftung. Diese bietet jährlich mehr als 1.000 Menschen in Münster Unterstützung, unter anderem mit Obdachlosenunterkünften, sozialtherapeutischen Einrichtungen und Angeboten für Migranten. (pbm)

Samstag, 20.08.2022