Morgen: Walpurgisnacht

von Christof Beckmann

Samstag, 29.04.2023

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Hexenwahn-Weltkarte missio Aachen, Collage: KIP

Montag ist 1. Mai. Und am Tag vorher wird auf den Zapfen gehauen: Vor dem Tanz in den Mai in der Walpurgisnacht ein Blick auf ein übles Phänomen. Denn noch heute glauben Millionen an Hexerei. Dagegen kämpft Ordensfrau Lorena Jenal. ...

INFO: Millionen Menschen weltweit glauben an Hexerei. Zu diesem Ergebnis kam eine Anfang August 2022 veröffentlichte Studie der American University in Washington. Demnach glauben mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in 95 untersuchten Ländern, dass bestimmte Menschen die Fähigkeit besitzen, anderen mit übernatürlichen Mitteln zu schaden. Dabei geht der Glaube an Hexerei durch alle soziodemografischen Gruppen. In Schweden sei er mit gerade einmal 9 Prozent der Befragten vergleichsweise gering - ebenso wie in Deutschland mit rund 13 Prozent. In Tunesien dagegen glaubten 90 Prozent an derartige übernatürliche Phänomene. Besonders hohe Werte würden zudem in Kamerun, Tansania und Marokko verzeichnet. Relativ wenig verbreitet ist der Hexerei-Glaube laut Studie in Gesellschaften mit guter Bildung und materiellem Wohlstand, auch bei der Bedeutung von Glauben an Gott und Religiosität allgemein. Die Untersuchung basierte auf mehreren Erhebungen, die zwischen 2008 und 2017 vorgenommen wurden. Insgesamt umfasst der analysierte Datensatz Angaben von mehr als 140.000 Personen aus fünf Kontinenten – allerdings ohne die bevölkerungsreichen Länder wie China und Indien. Link zur Studie: https://plos.io/3UYlmOl.

Hexenglauben nimmt zu: Auch das katholische Hilfswerk missio Aachen warnte zum dritten „Internationalen Tag gegen Hexenwahn“ am 10. August 2022 vor einer Zunahme des Phänomens weltweit. Inzwischen befänden sich in mindestens 43 Ländern Frauen, aber auch Männer und Kinder in Lebensgefahr, weil sie als angebliche Hexen verfolgt werden. Das geht aus der von missio Aachen herausgegebenen Weltkarte Hexenwahn 2022 hervor. Neu hinzugekommen seien Sierra Leone und Simbabwe, wie das Hilfswerk mitteilte. Zudem ständen Mosambik und Botsuana auf einer Beobachtungsliste. Die meisten der Länder befinden sich demnach auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch in südostasiatischen Ländern sowie Mexiko, Bolivien, Guatemala und Haiti sei das Phänomen präsent.

Weltweit seien nach Einschätzung von Experten in den vergangenen 60 Jahren mehr Menschen als vermeintliche Hexen und Hexer getötet worden als in rund 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung zusammen. Dabei beruhe die aktuelle missio-Weltkarte auf eher vorsichtigen Bewertungen. Andere Auflistungen kämen auf bis zu 60 betroffene Staaten.

Ausgelöst werde der Vorwurf der Hexerei oft durch plötzliche und unerklärliche Todesfälle oder Krankheiten, aber auch Wetterphänomene, so die Schweizer Ordensfrau Lorena Jenal (74), die seit 40 Jahren auf Papua-Neuguinea gegen Hexenwahn arbeitet. Die Franziskanerin, aufgewachsen in den Samnauner Bergen in der Schweiz, kämpft mit Rettungsprogrammen und Aufklärungsmaßnahmen gegen Menschenrechtsverletzungen, unter anderem gegen die brutale Welle der Hexenverfolgung. Für ihre Arbeit wurde sie mit dem Weimarer Menschenrechtspreis 2018 ausgezeichnet. Ihr Dossier „Hexenwahn in Papua-Neuguinea“ aus dem September 2019. Download Menschenrechtsstudie Nr. 76: Hexenwahn in Papua Neuguinea (pdf, 2 MB). Mehr: http://www.sr-lorena.ch/.

Mehr zum Thema Hexenprozesse: Ausstellung Deutsches Historisches Museum 2002, Katalog in der Edition Minerva Hermann Farnung, Herausgeber Rosmarie Beier-de Haan, Rita Voltmer und Franz Irsigler im Auftrag des Deutschen Historischen Museums, 2002 Deutsches Historisches Museum, Berlin Musée d’Histoire de la Ville de Luxembourg, 336 Seiten, 200 Abbildungen, € 22.- ISBN 3-932353-61-7, Internet:https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hexenwahn/ausstellung.htm, Grundsätzliches: Herbert Eiden: Vom Ketzer- zum Hexenprozess. Die Entwicklung geistlicher und weltlicher Rechtsvorstellungen bis zum 17. Jahrhundert, mehr zu allen Aufsätzen: https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hexenwahn/katalog.htm.

Samstag, 29.04.2023