Sonne, Mond & Sterne: Martin
Dienstag, 10.11.2015
So langsam ziehen sie überall durch die Straßen: Lichterzüge zum Fest des Hl. Martin haben eine lange Tradition. Und die Geschichte des römischen Soldaten und späteren Bischofs von Tours ist immer noch aktuell. Morgen steht er auf dem Kalender ...
INFO: Mit Festgottesdiensten in mehreren europäischen Städten begannen Feierlichkeiten zum 1.700 Geburtstag des heiligen Martin von Tours - vor allem in Ungarn und Frankreich, aber auch in Deutschland und anderen Ländern. Geplant sind neben Gottesdiensten und Wallfahrten unter anderem Ausstellungen, Konzerte und Kongresse. Martin gilt als einer der populärsten Heiligen der katholischen Kirche, wird er aber auch von evangelischen, orthodoxen und anglikanischen Christen verehrt.
Martin von Tours, um 316/17 in Sabaria (heute Szombathely) in Pannonien
im heutigen Ungarn geboren, war Soldat, Priester, Einsiedler und dann Bischof.
Er trat als 15-Jähriger - passend zu seinem Namen „Martinus“ nach dem
Kriegsgott Mars - in Pavia in die römische Armee ein. Er gehörte einer
Eliteeinheit an, die in Gallien eingesetzt war. Dort spielte sich im Jahr 334
in Amiens der Legende nach jene Szene ab, die alljährlich bei den Martinszügen
nachgespielt wird: Im Winter begegnete er einem armen, unbekleideten Bettler,
der um Hilfe bat. Martin teilte mit dem Schwert seinen Mantel und gab dem
Frierenden eine Hälfte. In der Nacht darauf, so die Legende, sah der Heilige im
Traum Christus bekleidet mit dem Mantelstück. Martin ließ sich taufen, wurde
Priester und zog sich als Einsiedler zurück, gründete 361 mit dem Kloster
Ligugé das erste Kloster im westlichen Abendland. Im Jahr 371 wurde er vom Volk
zum Bischof von Tours ausgerufen. Er soll sich zwar in einem Gänsestall
versteckt haben, um so diesem Amt zu entgehen, doch das Geschnatter des
Federviehs verriet ihn. Martin unternahm weite Missionsreisen, war mehrfach in
kirchenpolitischer Mission beim Kaiser in Trier und Mainz. Er starb 397 und
wurde von Frankenkönig Chlodwig nur gut 100 Jahre nach seinem Tod zum
„Nationalheiligen“ des Reiches gewählt. Über die historische Gestalt ist vergleichsweise
viel bekannt: Der Weggefährte Sulpicius Severus verfasste zum Ende des 4.
Jahrhunderts eine Biografie des Heiligen.
Der Martinstag am 11. November galt früher als Winteranfang und Tag der
Zins- und Pachtzahlungen. Zu den Naturalabgaben gehörte auch die Martinsgans,
Höhepunkt eines üppigen Festtagsessens. In Gallien und auch in den Klöstern
begann früher mit dem Martinstag die Adventszeit, die damals sechs Wochen
dauerte und als Bußzeit mit dem Verzicht auf Fleischspeisen verbunden war.
Somit bot sich der Vorabend des Martinstages an, noch einmal richtig zuzulangen
und zu feiern: der 11. 11. als Karnevalsbeginn, an dem heutzutage „Prinz
Karneval“ proklamiert wird. Erst später setzte sich die römische Gepflogenheit
der vierwöchigen Adventszeit durch.
Allein in Europa sind mehr als 3.000 Pfarreien und Orte nach dem Heiligen
bekannt. Martin ist auch Bistumspatron der Diözesen Rottenburg-Stuttgart und
Mainz, ebenso wie von Eisenstadt und Szombathely. In Frankreich
selbst sind die Legenden und Geschichten von Sankt Martin kaum noch bekannt,
weil sich sein Kult und das Pilgerwesen seit den Religionskriegen des 16.
Jahrhunderts im Niedergang befanden. Die riesige Martinsbasilika in Tours, als Grab des
fränkischen Nationalheiligen in seiner Bischofsstadt über Jahrhunderte
Wallfahrtsstätte und zentrale Station auf dem Jakobsweg, verfiel und wurde nach der
Französischen Revolution abgerissen.
Derzeit arbeitet das „Centre Culturel Europeen Saint Martin de Tours“ an einer
Wiederbelebung: Im Martinsjahr 2016 sind in der Loire-Stadt unter anderem eine
symbolische Eröffnung der Europäischen Martinswege und ein großes Fest geplant
(Juli); zudem ein internationales Kolloquium und eine Kunstausstellung
(Oktober) sowie eine Schiffsprozession, die zum Todestag des Heiligen im November
seine Rückführung von Candes nach Tours nachstellt. Europäische
Martinswege durch Frankreich, bis Ungarn, Italien, England, Kroatien, sind
nicht nur auf Tours an der Loire ausgerichtet, wo Martin im 4.Jahrhundert als
Bischof wirkte. Die drei französischen Wege („Trierer Weg“, „Weg des Bischofs
von Tours“, „Weg des Martinssommers“) sind inzwischen auf knapp 500 Kilometern
voll ausgeschildert und mit einheitlichen Stelen markiert. Auch in Ungarn und
Slowenien macht das Wegenetz Fortschritte. Zuletzt sollen die europäischen
Martinswege in etwa 100 Kilometer lange Teilstrecken mit je eigenem
thematischem Schwerpunkt aufgeteilt sein. Infos und Karten für 15 Euro sowie
das Buch „Le Partage en chemin“ (Teilen auf dem Weg) sind für 20 Euro zu
bestellen unter www.saintmartindetours.eu
Die ungarische Regierung hat auf Initiative der katholischen Bischöfen
des Landes das Jahr 2016 offiziell zum nationalen Sankt-Martin-Gedenkjahr
erklärt und stellte dafür rund 3,2 Millionen Euro zur Verfügung. Damit sollen
unter anderem Baumaßnahmen, Renovierungen und Veranstaltungen in Szombathely
sowie im Kloster Pannonhalma (Martinsberg) - dem ersten Benediktinerkloster und
ältesten Martins-Gedenkort Ungarns - vorangetrieben werden. Darüber hinaus wird
die Sanierung mehrerer, dem heiligen Martin geweihter Kirchen im Land
unterstützt. Mehr: http://www.viasanctimartini.hu/
Kindergerechte Martins-Materialien präsentiert in diesem Jahr das
Kindermissionswerk „Die Sternsinger“. Im Mittelpunkt der kostenfreien
Bildungsmaterialien steht das Teilen. Erzieher, Lehrer und Gruppenleiter finden
Tipps zum Basteln eines Stadttores, der Kleidung eines Bettlers oder eines Martins-Helms
und Mantels, eine Sternenlaterne, ein Rezept für Bischofsbrot, neue Ideen für
den Gänsemarsch und Bausteine für einen Gottesdienst. In einem Rollenspiel
können die Kinder die Geschichte von St. Martin wieder lebendig werden lassen.
Eine süße Überraschung gibt es auch, denn für den fair gehandelten
Martinsriegel von der GEPA - The Fair Trade Company und dem Kindermissionswerk
machen sich diesmal „Fairtreter“ stark. Die neuen Materialien können beim
Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ in Aachen kostenfrei bestellt werden unter
02 41 / 44 61-44, im Internet unter www.kindermissionswerk.de/martin.
Lesetipp: Manfred
Becker-Huberti: Der heilige Martin. Leben, Legenden und Bräuche, Greven Verlag
Köln, 16,90 Euro. Internet: www.heiliger-martin.de/
Unser Gesprächspartner: Pfarrer Herbert Rücker, Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt in Mülheim/Ruhr, Althofstr. 5, 45468 Mülheim, Tel. 0208 / 3 25 25, Fax 0208 / 3 45 80, Internet: www.mariae-geburt.com