Und dann kam die Liebe abhanden
Freitag, 02.01.2015
Jetzt sind die guten Vorsätze schon zwei Tage alt. Manche guten Vorsätze sind allerdings schon Jahre oder gar Jahrzehnte alt: bei Ehepaaren. Viele begannen ihre Ehe mit dem Bibelwort: "Nehmt einander an, wie Christus Euch angenommen hat!"
Und das Bibelwort ist in diesem Jahr sozusagen das Motto in den Kirchen – nicht nur für Ehepaare. Der Apostel Paulus schreibt diese Aufforderung am Ende seines Briefes an die Christen in Rom. Er hat eine bunte Mischung von Christinnen und Christen im Blick. Da gibt es unterschiedliche Meinungen über „den christlichen Lebensstil“. Das führt dazu, dass sie sich gegenseitig verunsichern und sich ein schlechtes Gewissen machen. Sie verachten und verurteilen einander. In den Köpfen und Herzen entsteht eine Aufteilung in Starke und Schwache im Glauben. Der Streit darüber droht die Gemeinde zu zerreißen. Sie soll aber Orte der Gemeinschaft und des Verständnisses füreinander sein. Renate Karnstein schreibt in ihrer Auslegung zur Jahreslosung:
"Annehmen meint zunächst Gottes konkretes Eingreifen in das Leben von Menschen: Er zieht sie aus Gefahr und Verlassenheit zu sich und bietet ihnen einen Schutzraum an. (…) So argumentiert Paulus: Wie könnt ihr Leute unter euch verachten und aus eurer Gemeinschaft ausschließen, wenn Gott sie angenommen hat? Was maßt ihr euch an?"
Die Frage, wo ich mich angenommen fühle, beantwortet Renate Karnstein so: "Da, wo ich sein kann, wie ich bin. Wo ich mich nicht verbiegen muss, um gemocht zu werden. Wo ich mit meinen Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen ernstgenommen werde. Wo ich keine Angst haben muss, abgeschrieben oder ausgestoßen zu werden, wenn ich nicht so funktioniere, wie es von mir erwartet wird."
Dies ist kein Patenrezept für eine Ehe. Aber es sich und anderen zu ermöglichen, hilft, dass Beziehungen Bestand haben.