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Donnerstag, 30.06.2016
Das soll es ja geben: Da wird lieber über jemanden geredet als mit ihm. Das jedoch ist gar nicht gut für das Miteinander.
Besonders verbreitet sei dieses Phänomen im Umgang mit Flüchtlingen, meint Dr. Wolfgang Huber, ehemaliger Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er schlägt einen Seitenwechsel vor:"Wir leben in einer Zeit, in der viele meinen: Alles ist möglich. Alles muss machbar sein. Das ist eine ziemlich kühne und vermessene Vorstellungsweise, wie ich finde. Aber selbst, wer so denkt, kann nicht im Ernst auf die Idee kommen, er könnte auch darüber bestimmen, wann und wo und als Kind welcher Eltern er zur Welt kommt.
Ich kann nichts dafür, dass ich ein Bürger eines Landes bin, in dem Menschen Zuflucht suchen. Es hätte genauso gut geschehen können, dass ich in Syrien zur Welt gekommen wäre und jetzt ein Mensch auf der Flucht wäre. Und dann wäre ich abhängig und angewiesen auf andere, die bereit sind, mich aufzunehmen.
Ich möchte dazu einladen, dass jeder und jede - ja im Grunde einmal am Tag - diesen Seitenwechsel vornimmt; die Situation, über die wir so viel diskutieren, mal wirklich aus der Perspektive des anderen wahrnimmt. Und sagt: Es ist nicht mein Verdienst, dass ich jetzt nicht ein Flüchtling bin, sondern einer, der zu einem Land und einer Gesellschaft gehört, die so viel Kraft hat, dass sie wirklich auch Menschen aufnehmen kann.
Dann wird man leiser darin sein, zu sagen: Ich kann nichts tun, und etwas lauter darin, zu sagen: Ich kann helfen."